Heute fahre ich mit Mark nach Tacloban und Palo. Wir kaufen
Essen und diverse Dinge, in Palo erstehe ich in der Apotheke uns noch fehlende
Medikamente. Wir benötigen noch Paracetamol Saft, seit Tagen erhöht sich die
Anzahl der hochfiebernden Kleinkinder. Auch antibiotische Salbe kaufe ich, da
wir ständig mit infizierten Wunden konfrontiert werden. Die von uns eigentlich
benötigten Handschuhe kaufe ich nicht; sie sind fast so teuer wie alle Medis
zusammen und 3x so teuer wie in Deutschland, da die Apotheke sie paarweise
verkauft. Die noch in der Apotheke vorhandene Menge wäre sowieso zu wenig gewesen
und unsere noch vorhandenen kleinen müssen eben ausreichen. Nach 3 h Durchrütteln und starker Belastung unserer Atemwege
durch qualmende Feuer am Strassenrand sind wir wieder im Camp und machen
Mittagspause. Es gibt Epa; für mich Lachssalat, Obst , Reisküchlein und Kaffee.
Um 2 Uhr machen Florian, Ralph und ich uns auf den Weg nach
Dulag, um die Nurses und Midwifes zu unterstützen. Wir werden schon von ca 50
Patienten erwartet; 20 werden wir behandeln können. Emilie nehmen wir mit. Sie
ist 13 und hat einen infizierten großen Zeh. Der Nagel muss entfernt und die
Wunde gereinigt werden. Emilie übernachtet bei unserer Dolmetscherin und kommt
am nächsten Tag zur OP. Ein kleiner Junge mit Handverletzung wird ebenfalls für
den nächsten Tag zu uns einbestellt.
Um 5.30 sind wir zurück im Camp. Unsere Atemwege sind stark
belastet und Florian beschliesst, am abend im Camp zu bleiben, da er fast keine
Stimme mehr hat. Wir anderen machen uns frisch geduscht auf den Weg zu Papos,
dem Bürgermeister oder eigentlich richtig den ehrenamtlichen Ortsvorsteher. Er
hat unser Team als Dankeschön zum Essen zu sich nach Hause eingeladen.
Papos erzählt uns berührende Geschichten zum Taifun. Er
selbst hat seinen Vater verloren. Auch etliche Verwandte und Freunde. Der
Taifun selber sei nicht das Problem gewesen erzählt er, der Tsunami der darauf
folgte, hat die vielen Opfer und große Zerstörung gebracht. Die Menschen waren
völlig hilflos und wussten nicht, was sie tun sollten. Die Toten wurden entlang
der Hauptstraße aufgebahrt; es gab sonst keinen Ort, auch die Kirche war stark
in Mitleidenschaft gezogen. Er organisierte Hilfe, nahm selber über 5 Familien
in seinem auch stark beschädigtem Haus auf. Es sind immer noch viele, die in
seinem Haus leben. Den Zusammenhalt in der Gemeinde predigt er. Und dass die
Menschen arbeiten müssen und nicht auf Hilfe warten, auch wenn er diese gerne
annimmt. Seine Dankbarkeit zeigt er uns allen und hält seine Gemeindemitglieder
an, es ihm gleich zu tun. Wo wir auch hinkommen, empfängt uns Freundlichkeit
und große Dankbarkeit.
Die Zelte des UNHCR möchte er eigentlich nicht haben. Er
sagt, diese lassen die Leute lethargisch werden. Lieber möchte er Geld in der
gleichen Summe wie die Zelte kosten für Baumaterial. Die Menschen sollen ihre
Häuser selber bauen. Diese wären dann auch deutlich stabiler und für Dauer.
07.01. Dienstag
Gestern ist unser Container
angekommen. Auf wackeligem Unterbau steht er da und wartet darauf, befüllt
zu werden. Es heißt also tatsächlich langsam Abschied nehmen.
Wir fragen die Hebamme, ob sie Interesse an unseren
Medikamenten hat. Sie kommt am Nachmittag zu uns, um sich alles
anzusehen. Gemeinsam gehen wir das Health Kit durch. Der Inhalt auch an den
Medis ist ihr geläufig. Auch für die Infusionslösungen hätte sie Verwendung.
Ebenso besteht Interesse an den Tetanusimpfstoffen. Ich habe ein sehr gutes Gefühl
und wir vereinbaren, am Samstag die Medis zu ihr zu fahren. Auch die restlichen
AM werden wir weitgehend bei ihr lassen. Sie ist so eine Art oberste Hebamme
und hat Kontakt zu 21 weiteren Entbindungsstationen. Sie wird die AM verteilen
und uns berichten, wer was bekommt. Die AM, die sie nicht kennt, will sie an
die Klinik in Tacloban geben. Auch dort gibt es einen großen Mangel an AM.
Die Hebamme hat auch mehrere Schüler/ Studenten, die sie
anlernt, und von denen sie hofft, dass diese Medizin studieren werden. Wir
vereinbaren, dass 2 von ihnen ab morgen zu uns in die Apotheke kommen, damit
wir sie mit den AM und der Abgabe schulen. Wir werden dann versuchen, am
Samstag in der Hebammenpraxis eine
Apotheke mit unseren Medikamenten einzurichten, die dann von der Hebamme
und ihren Helfern betreut wird.
Heute ist in San Joaquin Aufbruchsstimmung zu spüren. Die
Schule hat begonnen, die Weihnachtszeit ist mit dem 6.1. abgeschlossen und fast
3 Monate nach dem Taifun beginnen die
Menschen vermehrt aufzuräumen und zu arbeiten. Am Nachmittag sehen wir sogar
ein örtliches Team, das beginnt, die Strommasten entlang der Strasse wieder
aufzurichten.
So sehe ich also einem guten Abschluss unserer Arbeit
entgegen. Wo ich zu Anfang traurig war, dass ich mit dem letzten Team abbauen
soll, sehe ich nun eine sehr positive Entwicklung. Wir waren da, als unsere
Hilfe gebraucht wurde, und können nun mit gutem Gewissen unsere Arbeit an die
einheimische Bevölkerung zurückgeben.
09.01. Donnerstag
Pünktlich erscheinen meine „Studenten“. Sie sind hoch
motiviert und freuen sich schon auf ihre Arbeit. Wir setzen mit dem Besprechen
der Basic AM fort. Mit der Essential Drug List können sie schon sehr gut
umgehen. Sie finden die AM im Buch und im Original, begutachten sie und wir
besprechen Anwendung, Dosierung und Einnahme
Wenn aus dem Ärztezelt Patienten kommen, machen Hannaj,
Glenn und Felmark die Abgabe der Arznei und Aufzeichnung dieser bereits
selbstständig. Mir bleiben nur die Kontrolle und die eine oder andere
Ergänzung.
Nach einer längeren Mittagspause (48!!Grad) beginne ich, den
Studenten die Stockcards zu erklären. Wenn wir am Samstag bei Joy die Apotheke
einrichten, wollen wir idealerweise für jedes AM eine Karte haben. So suchen
wir uns ein kühleres Plätzchen als im Apothekenzelt und beginnen mit der Kopie
der Stockcards. So brauchen wir bei Einrichten der Apotheke nur noch die
AM-Menge einzutragen.
10.01. Freitag
Nachmittags war ich wieder mit Florian, Lisa und unseren
Studenten in Dulag. Wir bekommen ca 20 Patienten vorgestellt. Einige zum
Verbandswechsel, einige fiebrig, Cough and Could, ältere Patienten mit sehr
hohem Blutdruck. Ein Mädchen nehmen wir am Abend mit um den bis auf den Knochen
eitrigen Finger zu operieren. Eine alte Frau mit Asthma wird vorstellig. Glenn
erklärt ihr das Salbutamolspray. Dabei stellt sich heraus, dass sie schon eines
zu Hause hat. Dieses hat ihr aber nicht geholfen, da sie nicht wusste, dass sie
die Kappe am Mundstück hätte abziehen müssen!! Wieder einmal zeigt sich, wie
wichtig pharmazeutische Betreuung ist.
11.01. Samstag
Nach der Mittagspause wollen wir mit dem Umzug der Apotheke
beginnen. Die Regale sind fertig. Wir haben 2 Tische, 2 Liegen und die
Arzneimittel, Verbandstoffe und Infusionslösungen. Die Tetanusimpfstoffe samt
Kühlschrank werden wir am Montag zu Joy bringen. Ich hoffe, dass der Regen am
Nachmittag ein wenig nachlässt; im Augenblick regnet es so heftig, dass selbst
1-2m im Regen alles sofort komplett nass werden lassen. Unsere Männer machen
Pause im Küchenzelt; an den Abbau des Apotheken- und Arztzeltes ist im
Augenblick nicht zu denken.
Die Fröhlichkeit der Menschen hier gibt uns immer wieder zu
denken. Wir hören niemanden klagen; jeder versucht den Tag so zu nehmen wie er
ist und sich einfach darüber zu freuen, überlebt zu haben. Es gibt aber auch
andere Momente. Lisa schenkt Ed, einem unserer Übersetzer, eines unserer
mitgebrachten Kuscheltiere für seine kleine Schwester. Er freut sich sehr und
nennt das Häschen Eve. Lisa fragt, warum Eve? Er erzählt von einem Schiff, das
in Tacloban gestrandet ist. Nach einer Weile, in der er sichtlich mit den
Tränen kämpft, erzählt er, dass heute der Geburtstag seiner Mutter gewesen
wäre; sie hieß Eve und ist bei Jolanda ums Leben gekommen.
Sonntag 12.01.14
Der Pfarrer hat uns für heute alle in die Kirche eingeladen.
Zu Beginn erwähnt er schon, dass wir jetzt dann wieder abreisen werden. Wie er
meint, um an anderen Orten zu helfen. Der Chor singt wieder wunderschön. In der
Predigt bedankt er sich nochmals ausgiebig bei uns für unsere Hilfe. Als die
Vorbereitungen für das Abendmahl getroffen werden, kommt Papoose zu uns und
bedeutet Lars und mir, dass wir die Hostien und den Wein nach vorne zum Altar
tragen dürfen. Eine Ehre – aber er hat sicher nicht gewußt, dass wir mehr oder
weniger die einzigen Protestanten in seiner Kirche sind.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen