Dienstag, 14. Januar 2014

Update von Team 5 - Der Abbau beginnt



06.01. Montag

Heute fahre ich mit Mark nach Tacloban und Palo. Wir kaufen Essen und diverse Dinge, in Palo erstehe ich in der Apotheke uns noch fehlende Medikamente. Wir benötigen noch Paracetamol Saft, seit Tagen erhöht sich die Anzahl der hochfiebernden Kleinkinder. Auch antibiotische Salbe kaufe ich, da wir ständig mit infizierten Wunden konfrontiert werden. Die von uns eigentlich benötigten Handschuhe kaufe ich nicht; sie sind fast so teuer wie alle Medis zusammen und 3x so teuer wie in Deutschland, da die Apotheke sie paarweise verkauft. Die noch in der Apotheke vorhandene Menge wäre sowieso zu wenig gewesen und unsere noch vorhandenen kleinen müssen eben ausreichen. Nach 3 h Durchrütteln und starker Belastung unserer Atemwege durch qualmende Feuer am Strassenrand sind wir wieder im Camp und machen Mittagspause. Es gibt Epa; für mich Lachssalat, Obst , Reisküchlein und Kaffee.
Um 2 Uhr machen Florian, Ralph und ich uns auf den Weg nach Dulag, um die Nurses und Midwifes zu unterstützen. Wir werden schon von ca 50 Patienten erwartet; 20 werden wir behandeln können. Emilie nehmen wir mit. Sie ist 13 und hat einen infizierten großen Zeh. Der Nagel muss entfernt und die Wunde gereinigt werden. Emilie übernachtet bei unserer Dolmetscherin und kommt am nächsten Tag zur OP. Ein kleiner Junge mit Handverletzung wird ebenfalls für den nächsten Tag zu uns einbestellt.
Um 5.30 sind wir zurück im Camp. Unsere Atemwege sind stark belastet und Florian beschliesst, am abend im Camp zu bleiben, da er fast keine Stimme mehr hat. Wir anderen machen uns frisch geduscht auf den Weg zu Papos, dem Bürgermeister oder eigentlich richtig den ehrenamtlichen Ortsvorsteher. Er hat unser Team als Dankeschön zum Essen zu sich nach Hause eingeladen.
Papos erzählt uns berührende Geschichten zum Taifun. Er selbst hat seinen Vater verloren. Auch etliche Verwandte und Freunde. Der Taifun selber sei nicht das Problem gewesen erzählt er, der Tsunami der darauf folgte, hat die vielen Opfer und große Zerstörung gebracht. Die Menschen waren völlig hilflos und wussten nicht, was sie tun sollten. Die Toten wurden entlang der Hauptstraße aufgebahrt; es gab sonst keinen Ort, auch die Kirche war stark in Mitleidenschaft gezogen. Er organisierte Hilfe, nahm selber über 5 Familien in seinem auch stark beschädigtem Haus auf. Es sind immer noch viele, die in seinem Haus leben. Den Zusammenhalt in der Gemeinde predigt er. Und dass die Menschen arbeiten müssen und nicht auf Hilfe warten, auch wenn er diese gerne annimmt. Seine Dankbarkeit zeigt er uns allen und hält seine Gemeindemitglieder an, es ihm gleich zu tun. Wo wir auch hinkommen, empfängt uns Freundlichkeit und große Dankbarkeit.

Die Zelte des UNHCR möchte er eigentlich nicht haben. Er sagt, diese lassen die Leute lethargisch werden. Lieber möchte er Geld in der gleichen Summe wie die Zelte kosten für Baumaterial. Die Menschen sollen ihre Häuser selber bauen. Diese wären dann auch deutlich stabiler und für Dauer.

07.01. Dienstag
Gestern ist unser Container angekommen. Auf wackeligem Unterbau steht er da und wartet darauf, befüllt zu werden. Es heißt also tatsächlich langsam Abschied nehmen.

Wir fragen die Hebamme, ob sie Interesse an unseren Medikamenten hat. Sie kommt am Nachmittag zu uns, um sich alles anzusehen. Gemeinsam gehen wir das Health Kit durch. Der Inhalt auch an den Medis ist ihr geläufig. Auch für die Infusionslösungen hätte sie Verwendung. Ebenso besteht Interesse an den Tetanusimpfstoffen. Ich habe ein sehr gutes Gefühl und wir vereinbaren, am Samstag die Medis zu ihr zu fahren. Auch die restlichen AM werden wir weitgehend bei ihr lassen. Sie ist so eine Art oberste Hebamme und hat Kontakt zu 21 weiteren Entbindungsstationen. Sie wird die AM verteilen und uns berichten, wer was bekommt. Die AM, die sie nicht kennt, will sie an die Klinik in Tacloban geben. Auch dort gibt es einen großen Mangel an AM.
Die Hebamme hat auch mehrere Schüler/ Studenten, die sie anlernt, und von denen sie hofft, dass diese Medizin studieren werden. Wir vereinbaren, dass 2 von ihnen ab morgen zu uns in die Apotheke kommen, damit wir sie mit den AM und der Abgabe schulen. Wir werden dann versuchen, am Samstag in der Hebammenpraxis eine  Apotheke mit unseren Medikamenten einzurichten, die dann von der Hebamme und ihren Helfern betreut wird.

Heute ist in San Joaquin Aufbruchsstimmung zu spüren. Die Schule hat begonnen, die Weihnachtszeit ist mit dem 6.1. abgeschlossen und fast 3 Monate nach dem Taifun  beginnen die Menschen vermehrt aufzuräumen und zu arbeiten. Am Nachmittag sehen wir sogar ein örtliches Team, das beginnt, die Strommasten entlang der Strasse wieder aufzurichten.
So sehe ich also einem guten Abschluss unserer Arbeit entgegen. Wo ich zu Anfang traurig war, dass ich mit dem letzten Team abbauen soll, sehe ich nun eine sehr positive Entwicklung. Wir waren da, als unsere Hilfe gebraucht wurde, und können nun mit gutem Gewissen unsere Arbeit an die einheimische Bevölkerung zurückgeben.

09.01. Donnerstag
Pünktlich erscheinen meine „Studenten“. Sie sind hoch motiviert und freuen sich schon auf ihre Arbeit. Wir setzen mit dem Besprechen der Basic AM fort. Mit der Essential Drug List können sie schon sehr gut umgehen. Sie finden die AM im Buch und im Original, begutachten sie und wir besprechen Anwendung, Dosierung und Einnahme

Wenn aus dem Ärztezelt Patienten kommen, machen Hannaj, Glenn und Felmark die Abgabe der Arznei und Aufzeichnung dieser bereits selbstständig. Mir bleiben nur die Kontrolle und die eine oder andere Ergänzung.
Nach einer längeren Mittagspause (48!!Grad) beginne ich, den Studenten die Stockcards zu erklären. Wenn wir am Samstag bei Joy die Apotheke einrichten, wollen wir idealerweise für jedes AM eine Karte haben. So suchen wir uns ein kühleres Plätzchen als im Apothekenzelt und beginnen mit der Kopie der Stockcards. So brauchen wir bei Einrichten der Apotheke nur noch die AM-Menge einzutragen.

10.01. Freitag
Nachmittags war ich wieder mit Florian, Lisa und unseren Studenten in Dulag. Wir bekommen ca 20 Patienten vorgestellt. Einige zum Verbandswechsel, einige fiebrig, Cough and Could, ältere Patienten mit sehr hohem Blutdruck. Ein Mädchen nehmen wir am Abend mit um den bis auf den Knochen eitrigen Finger zu operieren. Eine alte Frau mit Asthma wird vorstellig. Glenn erklärt ihr das Salbutamolspray. Dabei stellt sich heraus, dass sie schon eines zu Hause hat. Dieses hat ihr aber nicht geholfen, da sie nicht wusste, dass sie die Kappe am Mundstück hätte abziehen müssen!! Wieder einmal zeigt sich, wie wichtig pharmazeutische Betreuung ist.

11.01. Samstag
Nach der Mittagspause wollen wir mit dem Umzug der Apotheke beginnen. Die Regale sind fertig. Wir haben 2 Tische, 2 Liegen und die Arzneimittel, Verbandstoffe und Infusionslösungen. Die Tetanusimpfstoffe samt Kühlschrank werden wir am Montag zu Joy bringen. Ich hoffe, dass der Regen am Nachmittag ein wenig nachlässt; im Augenblick regnet es so heftig, dass selbst 1-2m im Regen alles sofort komplett nass werden lassen. Unsere Männer machen Pause im Küchenzelt; an den Abbau des Apotheken- und Arztzeltes ist im Augenblick nicht zu denken.

Die Fröhlichkeit der Menschen hier gibt uns immer wieder zu denken. Wir hören niemanden klagen; jeder versucht den Tag so zu nehmen wie er ist und sich einfach darüber zu freuen, überlebt zu haben. Es gibt aber auch andere Momente. Lisa schenkt Ed, einem unserer Übersetzer, eines unserer mitgebrachten Kuscheltiere für seine kleine Schwester. Er freut sich sehr und nennt das Häschen Eve. Lisa fragt, warum Eve? Er erzählt von einem Schiff, das in Tacloban gestrandet ist. Nach einer Weile, in der er sichtlich mit den Tränen kämpft, erzählt er, dass heute der Geburtstag seiner Mutter gewesen wäre; sie hieß Eve und ist bei Jolanda ums Leben gekommen.

Sonntag 12.01.14
Der Pfarrer hat uns für heute alle in die Kirche eingeladen. Zu Beginn erwähnt er schon, dass wir jetzt dann wieder abreisen werden. Wie er meint, um an anderen Orten zu helfen. Der Chor singt wieder wunderschön. In der Predigt bedankt er sich nochmals ausgiebig bei uns für unsere Hilfe. Als die Vorbereitungen für das Abendmahl getroffen werden, kommt Papoose zu uns und bedeutet Lars und mir, dass wir die Hostien und den Wein nach vorne zum Altar tragen dürfen. Eine Ehre – aber er hat sicher nicht gewußt, dass wir mehr oder weniger die einzigen Protestanten in seiner Kirche sind.




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